michelin

Als zweitgrößter Reifenproduzent nach Umsatz ist Michelin wohl der härteste Konkurrent für alle Reifenhersteller. Das französische Unternehmen hatte bei der Entwicklung der Reifentechnologie stets die Nase vorne. Der austauschbare Luftreifen, die abnehmbare Felge und der Radialreifen sind nur einige Erfindungen von Michelin. Bereift wird von Michelin alles, was sich auf Rädern bewegen muss. Egal ob auf der Straße in der Luftfahrt, der Raumfahrt oder für Spezialfahrzeuge. Qualität, Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit sind dem Unternehmen sehr wichtig. Das gilt nicht nur für Fahrzeugreifen zweispuriger Fahrzeuge, sondern auch für die Mopedreifen und Motorradreifen.

Aktuell Lieferant der MotoGP und wieder führend in der Reifenkarkass-Entwicklung ACT+, versucht Michelin, seinen einstigen Marktanteil von fast 50% bei den Radial-Motorradreifen, wieder zu erlangen.

Michelin entwickelt und produziert Reifen für Fahrräder, Motorroller, Motorräder, Pkw, Transporter, Leicht-Lkw, Lkw und Busse für Nah- und Fernverkehr, Ackerschlepper, Landmaschinen, Erdbewegungsmaschinen, Sonderfahrzeuge, Stadtbahnen wie zum Beispiel die Pariser Métro, Flugzeuge, Raumfähren, historische Fahrzeuge aller Art sowie Wettkampf- und Rennreifen für nahezu alle Motorsportklassen. Das Unternehmen unterhält in Ladoux ein großes Testgelände, wo es seine eigenen Produkte in Extremsituationen testet. Besondere Bekanntheit erlangte der Mille Pattes, ein fünfachsiges Sonderfahrzeug, das in den 1970er- und 1980er-Jahren für Reifentests eingesetzt wurde.

Mit dem von Edouard Michelin erfundenen auswechselbaren Fahrradluftreifen beginnt die Produktgeschichte. 1891 meldete Michelin den demontierbaren Luftreifen als Patent an und schon bald gab es eine Version für Automobile. Der neue Pneu steigerte den Fahrkomfort und das Reisen wurde durch die luftgefüllten Reifen um einiges angenehmer.[6] 1913 erfand Michelin das demontierbare Stahlrad und 1923 den ersten Niederdruckreifen (2,5 Bar) für Pkw[4], der bereits eine pannenfreie Laufleistung von 15.000 Kilometern ermöglichte. 1930 folgte schließlich das Patent auf einen Reifen mit einvulkanisiertem Schlauch, den Vorläufer des heute üblichen schlauchlosen Autoreifens „Tubeless“.[5] Ebenfalls 1930 entwickelte das Unternehmen das Zickzack-Profil, das die Haftung auf der Straße erhöhte. Es folgten weitere technische Neuheiten: Der „Super Comfort Stop“ ermöglichte mit seinem Lamellenprofil bessere Haftung auf nasser Straße[5] und der erste Niederquerschnittsreifen namens „Pilote“ verbesserte das Fahrverhalten bei hoher Geschwindigkeit.[5] 1938 kam der erste Stahlgürtelreifen mit Stahldrähten zur Verstärkung des Pneus. 1946 patentierte Michelin den ersten Reifen mit Radialkarkasse, der ab 1949 unter dem Namen „X“ in den Handel kam und einen neuen Industriestandard markierte. Ab 1955 übernahmen dann die meisten europäischen Automobilhersteller das Konzept des Radialreifens.[4] Nach und nach erreichte Michelin auf diesem Weg zahlreiche weitere Fahrzeugtypen und Märkte. Zur gleichen Zeit startete die Serienfertigung für das „Tubeless“-System: Eine robustere luftdichte Gummischicht direkt im Innern des Reifens ersetzte den Luftschlauch, der zuvor oft Ursache gefährlicher plötzlicher Druckverluste war. Mit dem „ZX“ kam 1967 der Nachfolger des „X“ auf den Markt. Er ermöglichte Geschwindigkeiten bis 180 km/h bei höherer Sicherheit. Die nächste Innovation folgte schließlich 1975: das Modell TRX, das erstmals Reifen und Felge vereinte. 1987 wurde der Radialreifen auch für Motorräder eingeführt.

1992 gelang Michelin nach über zehn Jahren intensiver Forschung und Entwicklung ein weiterer Durchbruch mit der Einführung von rollwiderstandsarmen „grünen“ Reifen.[6] Der Rollwiderstand eines Reifens hat direkten Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs: Ein Fünftel der Antriebsenergie im Pkw wird zur Überwindung des Rollwiderstands genutzt, beim Lkw ist es sogar ein Drittel. Intelligenter Reifenaufbau und die Zugabe von Siliciumdioxid als Füllstoff in die Reifenmischung ermöglichten es, den Rollwiderstand der Michelin-Pneus zu senken. Heute ist mit dem Michelin Energytm Saver+ bereits die fünfte Generation rollwiderstandsoptimierter Reifen auf dem Markt.

Drei Jahre später, 1995, führte der Reifenhersteller in Nordamerika den Pkw-Reifen XH4 ein, der eine Laufleistung von 130.000 Kilometern erreichte. Nur wenige Jahre später folgte das Michelin PAX-System: Selbst mit defektem Reifen kommt ein Fahrzeug damit bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h noch 80 Kilometer weit. Unter anderem kam das System beim Bugatti Veyron zum Einsatz. 2001 führte Michelin als wichtigste Neuheit den Vier-Meter-Erdbewegungsreifen ein: Bei einem Durchmesser von 4,03 Metern und einer Breite von 1,50 Metern bringt er 5.300 Kilogramm Gewicht auf die Waage. Mit einer Traglast von bis zu 99 Tonnen kommt er auf den größten Muldenkippern der Welt zum Einsatz. Außerdem bildete der Lkw-Reifen Michelin X® One eine neue Alternative zum Zwillingsreifen und trug dazu bei, Emissionen bei der Herstellung, Kosten bei der Anschaffung und Treibstoff beim Betrieb zu sparen.[23] Eine weitere Erfindung für Lkw-Reifen war die patentierte „Antisplash“-Ableitkontur, die das von Nutzfahrzeugen bei Regen aufgewirbelte Spritzwasser reduziert und die Sicherheit auf regennasser Fahrbahn verbessert. Darüber hinaus erschien mit dem Michelin XeoBib ein Landwirtschaftsreifen, der konstant mit einem Luftdruck von nur einem Bar gefahren werden kann und so den Boden schont.[5] 2010 kamen dann der Pkw-Sommerreifen Michelin Pilot Sport 3 sowie der Pkw-Winterreifen Michelin Alpin A4 auf den Markt. Ein weiteres bekanntes Produkt der jüngeren Zeit ist die Reifen-Felgen-Kombination Tweel[24]: Die völlig neue Reifenkonstruktion kommt völlig ohne Luft aus. Rad und Reifen sind mittels flexibler Speichen fest miteinander verbunden. Ohne Einbußen beim Komfort bietet der Tweel hohe Sicherheit, da kein plötzlicher Druckverlust auftreten kann. Er kommt unter anderem bei Militärfahrzeugen und Spezialfahrzeugen des Katastrophenschutzes zum Einsatz.

2016 hat die Michelin Gruppe den brasilianischen Zweiradreifenhersteller Levorin übernommen, der jährlich rund 20 Millionen Reifen und Schläuche produziert